Ab-initio-Simulationen von warmer dichter Materie

Das Bild stellt einen Blick in eine Simulationszelle mit Wasserstoff (rote Kugeln) und Helium (blaue Kugeln) dar. Die durchscheinenden Farbflächen kennzeichnen jeweils die Isoflächen lokal gemittelter Ionendichte. Klar zu erkennen ist, dass sich das Helium in einem kleinen Bereich konzentriert. Offensichtlich entmischt das System unter diesen extremen Bedingungen (6000 K, 20 Mbar, 4 g/cm³). Dieser Effekt wurde seit langem vorhergesagt und kann in Ab-Initio-Simulationen direkt "beobachtet" werden.

Überblick

Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf der präzisen Berechnung von thermodynamischen, strukturellen und Transporteigenschaften von Materie unter extremen Bedingungen, wie sie im Innern von astrophysikalischen Objekten vorkommen (etwa 103 - 106 K, 1 GPa - 100 Mbar). Das experimentelle Erzeugen und Analysieren solch extremer Materiezustände ist sehr schwierig. Daher verwenden wir eine numerisch aufwendige, aber sehr schlagkräftige Methode zur theoretischen Behandlung von Vielteilchensystemen mit starken Korrelationen und Quanteneffekten. Wir beschreiben die Elektronen des Systems mithilfe von thermodynamischer Dichtefunktionaltheorie (DFT) und kombinieren dies mit einer klassischen Molekulardynamik (MD) für die Atomkerne. Die dafür notwendigen Kräfte werden in jedem Zeitschritt selbstkonsistent aus der DFT abgeleitet. Implementiert ist diese Simulationsmethode z.B. im Vienna Ab-Initio Simulationspaket (VASP), das wir in unserer AG häufig verwenden. Das Verfahren ist mit einem hohen numerischen Aufwand verbunden, so dass wir routinemäßig leistungsstarke Parallelrechner einsetzen müssen.

Unser Forschungsbeitrag

Zurzeit fokussieren wir unsere Rechnungen auf die leichten Elemente Wasserstoff, Helium, Lithium, Beryllium, Bor und Kohlenstoff, auf molekulare Systeme wie Wasser, Ammoniak und Methan sowie auf deren Mischungen. Bestimmte schwerere Materialien wie Eisen und Gesteine sind ebenfalls von großem Interesse.

Von besonderer Bedeutung sind Phasentransformationen und Entmischungsvorgänge unter extremen Bedingungen, zu deren Verständnis die Zustandsgleichungen und strukturellen Eigenschaften (Paarverteilungsfunktionen, Strukturfaktoren) berechnet werden. Transporteigenschaften wie die elektrische und Wärmeleitfähigkeit, die Viskosität und die optische Eigenschaften werden ebenfalls bestimmt.

Unsere Ergebnisse werden zum Teil direkt in der AG zur Modellierung des inneren Aufbaus Großer Planeten wie Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun sowie Exoplaneten weiterverarbeitet (siehe High Energy Density Physics and Planetary Physics).

Ebenso führen wir Rechnungen zu dynamischen Kompressionsexperimenten durch, mit denen sich o.g. extreme Materiezustände im Labor erzeugen und untersuchen lassen (siehe Wechselwirkung von korrelierter Materie mit intensiven Strahlungsfeldern).